46. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie „Prävention in der Pneumologie“

Nach rund zweieinhalb Jahren Sars-COV-2-Pandemie und zwei rein virtuell abgehaltenen Jahrestagungen treffen sich Österreichs Lungenfachärzt*innen heuer wieder in realita: Vom 29.9. bis 1.10.2022 steht die Mozartstadt im Zeichen des weiten Feldes der Pneumologie, im Fokus liegt die Prävention. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde der Kongress im Überblick vorgestellt und eine Zusammenfassung neuer Erkenntnisse zu Post-COVID sowie COPD präsentiert.

Prävention im Fokus

Aufgrund der mit der Pandemie verbundenen Einschränkungen haben Patienten* oftmals Vorsorgeuntersuchungen und wichtige Untersuchungstermine verschoben oder gar nicht wahrgenommen. Dabei sollten gerade im pneumologischen Bereich Diagnosen möglichst früh gestellt werden, um den Krankheitsverlauf entsprechend positiv beeinflussen zu können. Denn die Lunge ist als „Umweltorgan“ in ständigem Austausch mit dem Außen und dadurch schädigenden Umweltfaktoren besonders ausgesetzt. Ist die Lunge erkrankt, kann dies für jedes Organsystem gravierende Folgen haben – die Lungengesundheit ist somit ein wichtiger Faktor für Gesamtkonstitution und Lebenserwartung. ÖGP- und Tagungspräsident Assoz.-Prof. Dr. Gabor Kovacs: „Das Hauptthema des Kongresses ist Prävention, da dieses Thema im Bereich der Pneumologie schon immer sehr wichtig war, aber in den letzten Jahren – alleine, wenn wir an neue Impfungen denken – noch relevanter geworden ist. Das große Spektrum der Pneumologie wird beim diesjährigen Kongress daher in zahlreichen Sitzungen unter dem Blickwinkel der Prävention betrachtet.“

Interdisziplinär und interprofessionell

Das Programm des Kongresses, der bereits zum 6. Mal gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (OGTC) durchgeführt wird, ist auch heuer wieder interdisziplinär und interprofessionell ausgerichtet. Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen, Pflegefachkräfte, Physiotherapeut*innen sowie Ärzt*innen in Ausbildung und Studierende, für die es erstmals ein spezielles Mentorship-Programm im Rahmen der Tagung gibt, können sich über die spannendsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Pneumologie informieren und austauschen.

Der Kongress im Überblick

Die Kongresseröffnung ist mit einer Friedenssitzung verbunden, in der mit Siddhartha Datta, WHO, und Leo Ho, Präsident Ärzte ohne Grenzen Österreich, über die aktuellen humanitären und sozialen Herausforderungen in der EU und weltweit und den damit verbundenen medizinischen Herausforderungen diskutiert werden wird.

In den weiteren Sitzungen präsentieren nationale und internationale Expert*innen „Hot Topics“ und Updates zum breiten Themenspektrum der Pneumologie: von „A“ wie Asthma & Allergie, über COPD, das allgegenwärtige Thema SARS-CoV-2/COVID-19, seltene Lungenerkrankungen, Lungenkrebs, in all seinen Ausprägungsformen, das wichtige Präventionsthema „Impfungen“, atembezogene Schlafstörungen, Umweltthemen und ihre Auswirkungen auf die Lungengesundheit – bis hin zu „Z“ wie zystische Fibrose. Aber auch Neues aus der interventionellen Pneumologie oder der pneumologischen Rehabilitation wird von nationalen und internationalen Expert*innen präsentiert und diskutiert werden.

Kovacs: „Ganz besonders hervorheben möchte ich auch die Präsentation der neuen Leitlinien zum Thema Lungenhochdruck. Die bisher zu den seltenen Erkrankungen gezählte Pulmonale arterielle Hypertonie ist heute, da nun rund 1% der Weltbevölkerung an erhöhtem Lungendruck leidet, sowohl aus medizinischer als auch aus gesellschaftlicher Sicht ein hoch relevantes Thema.“ Moderne Managementstrategien der Erkrankung sollen zu Früherkennung und optimierter Therapie führen.

Atembeschwerden bei Post-COVID – neue wissenschaftliche Erkenntnisse

Atembeschwerden sind ein zentrales Symptom bei Post-COVID. Lungenspezialisten sind daher in der täglichen Praxis mit der Abklärung von Atemwegsbeschwerden nach COVID-19 konfrontiert. Die ÖGP hat sich aus diesem Grund bereits sowohl in der deutschen S1 Leitlinie zu Long COVID/Post-COVID als auch in der von der ÖGAM initiierten österreichischen S1 Leitlinie[1] zu Long COVID eingebracht. „Nun ist der Abklärungspfad von respiratorischen Beschwerden nach COVID-19 abgesteckt und es gibt ein klareres Bild zur Regeneration der Lunge nach schwerem Verlauf“, erläuterte ÖGP-Generalsekretärin a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Judith Löffler-Ragg, eine der Leiter*innen der „CovILD“ und „Gesundheit nach COVID-19[2]“ Studie in Tirol.

„Bis 30% der Post-COVID-Betroffenen berichten von Kurzatmigkeit und Husten, unabhängig davon, ob der Krankheitsverlauf schwer oder mild war. Im Innsbrucker Kollektiv waren es nach 12 Monaten 22%, die noch an Kurzatmigkeit litten.“ Wobei das Symptom Kurzatmigkeit prinzipiell viele Ursachen haben kann, Herz- aber auch vorbestehende Lungenerkrankungen können dazu führen. Kurzatmigkeit ist für die Betroffenen ein quälendes Symptom, welches Angst erzeugen und die Lebensqualität massiv einschränken kann.

Anhaltende Kurzatmigkeit muss immer abgeklärt werden, so Löffler-Ragg, es gelte auch Warnzeichen für Akuterkrankungen wie Lungenembolien sofort zu identifizieren und zu behandeln: „Nach Ausschluss einer strukturellen kardiopulmonalen Erkrankung kann nach einer COVID-Erkrankung eine dysfunktionale Atmung weiter abgeklärt werden. Hierbei können veränderte Atemmuster bei Belastung beschrieben werden, die noch schlecht verstanden sind.“

Löffler-Ragg betonte weiters die Wichtigkeit der Nachsorge und Rehabilitation, die beim oftmals langen Weg zurück eine wertvolle Unterstützung sind. Besonders jene Patienten, die im Zuge ihrer COVID-Erkrankung intensivmedizinisch behandelt werden mussten, benötigten eine lange multimodale Rehabilitation. „Eine Besserung von Atembeschwerden und Husten, mit Besserung der Atemmuskel- und Lungenfunktion sowie eine Steigerung von Funktionalität, Leistung und Lebensqualität konnten im Zuge der Rehabilitation eindeutig gezeigt werden. Individualisierte Atemphysiotherapie zur Stärkung der Atemmuskelkraft, Atemtherapie vor allem bei dysfunktionaler Atmung und Husten, Physio-, Bewegungstherapie, Ausdauer und Krafttraining werden in der Reha eingesetzt. Hierbei gilt es auf eine sehr individualisierte Dosierung zu achten, die die Belastungsgrenzen bei Betroffenen mit Belastungsintoleranz nicht überschreitet (Pacing), um eine Verschlechterung der Erschöpfung nach Belastung zu vermeiden.“ Unterstützt wird dies durch Edukation, Psychoedukation, neurokognitives Training und Ergotherapie. Besonders Maßnahmen zur Stärkung von Resilienz und Coping (Stressreduktion) sind wichtige, integrierte Ansatzpunkte. Die große Mehrheit der Post-COVID-Syndrom Patienten profitiert bereits von einer mehrwöchigen Rehabilitation; für eine Subgruppe von Patienten ist eine fortwährende, kontinuierliche Rehabilitation wichtig.

Volkskrankheit COPD – neue Erkenntnisse verbessern gezielten Einsatz und Therapie-Outcome

Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD, ist weltweit eine der bedeutendsten und zudem auch noch stetig wachsenden Volkskrankheiten. Sie liegt EU- und weltweit auf dem dritten Platz der Liste der häufigsten Todesursachen (nach Herzinfarkt und Schlaganfall). Sie führt zu einer schleichenden Zerstörung von Lungengewebe; Lebensqualität, Gesamtkonstitution und Lebenserwartung sind – je nach Stadium – stark einschränkt. ÖGP Vize-Präsident Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie am Kepler Universitätsklinikum in Linz: „Dank weltweiter, intensiver Forschung haben wir nun ein weitaus besseres Verständnis dieser komplexen und lebensbedrohlichen Erkrankung gewonnen und diese Erkenntnisse ermöglichen eine zunehmend individualisierte Präzisionstherapie.“ Dabei spannt sich der Bogen von neuen Erkenntnissen hinsichtlich der Diagnostik über den zunehmend zielgerichteteren und individuelleren Einsatz medikamentöser Therapien, die Berücksichtigung spezifischer Patientencharakteristika bei der Inhalation bis hin zum Einsatz neuer Medikamente. Dazu kommen neue, besonders vielversprechende interventionelle Methoden – Stichwort bronchiale Rheoplastie. Lungenspezialist Lamprecht: „Hierbei werden im Rahmen einer Lungenspiegelung, einer Bronchoskopie, bestimmte schleimproduzierende Zellen mittels elektrischer Energie abgetragen. Somit kommt es zu einer Reduktion der Schleimproduktion in der Bronchialschleimhaut, was in Folge die Häufigkeit von moderaten bis schweren Exazerbationen reduziert. Erste Erfolge sind sehr vielversprechend, weitere klinische Studien sind im Laufen, um die bisherigen Beobachtungen zu bestätigen.“

Von Biomarkern, neuen Medikamenten und einer maßgeschneiderten inhalativen Therapie

Den Weg zu einer zunehmend individualisierten COPD-Therapie weisen Biomarker, wie zum Beispiel sog. Eosinophile (spezielle weiße Blutkörperchen). Sind diese deutlich über die Norm erhöht, so ist eine Inhalation mit Kortison-Präparaten besonders gut wirksam. Jene Patienten profitieren daher besonders gut von einer Triple-Therapie, bestehend aus zwei bronchienerweiternden Medikamenten und einem inhalativen Kortison-Präparat. „Patienten mit niedriger Eosinophilen-Zahl hingegen würden nicht von einer zusätzlichen Kortison-Gabe profitieren. Sie erhalten eine duale Bronchodilatation, bestehend aus zwei bronchienerweiternden Medikamenten, ohne zusätzliches Kortison und somit ersparen wir ihnen mögliche Nebenwirkungen einer Kortison-Therapie“, erläuterte Lamprecht.

Auch bei den inhalativen Medikamenten-Applikationen, die eine wichtige Säule der COPD-Therapie darstellen, gibt es neue Erkenntnisse. Neben der korrekten Handhabung spiele nämlich auch die Auswahl des richtigen Inhalators eine enorm wichtige Rolle, betonte Lamprecht: „Anhand bestimmter Patientencharakteristika, wie zum Beispiel erreichbarer inspiratorischer Fluss und die koordinativen und feinmotorischen Fähigkeiten, wird der für den jeweiligen Patienten am besten geeignete Inhalator ausgewählt und somit auch die inhalative Therapie maßgeschneidert. Und auch eine gewisse individuelle Anpassung der Dosierintervalle ist inzwischen möglich.“

Auch die Therapie mit Biologika bzw. monoklonalen Antikörpern, bei Asthma längst bestens etabliert, gewinnt nun auch bei der COPD-Therapie an Bedeutung. „Insbesondere die Blockade von IL-5 und IL-33 zeigte in Studien signifikante Effekte auf die Exazerbationsfrequenz, also die Häufigkeit einer akuten, oft lebensbedrohlichen Verschlechterung der Krankheit. Auch Schwere und Häufigkeit der COPD-bedingten Atemwegsentzündungen konnten damit reduziert werden“, so Lamprecht.

Abschließend betonte Lamprecht die Wichtigkeit der pneumologischen Rehabilitation in der Therapie der COPD. „Die pneumologische Rehabilitation ist eine besonders wirksame Therapie, die die Belastbarkeit und Lebensqualität der COPD-Patienten ausgesprochen positiv beeinflusst! Die pneumologische Rehabilitation hat durch die Corona-Pandemie und die häufige Lungenbeteiligung bei COVID-19, und auch durch die Herausforderungen in Zusammenhang mit Long COVID nochmals an Bedeutung gewonnen. COPD-Patienten sollten unbedingt eine pneumologische Rehabilitation erhalten.“

[1] https://oegam.at/artikel/long-covid-leitlinie-s1-und-webtool

[2] Sonnweber et al., doi: 10.1183/13993003.03481-2020

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Sofern nicht anders vermerkt, gelten alle Bezeichnungen für alle Geschlechter

 

Auf www.medical-media-consulting.at/pressroom finden Sie

  • Pressetexte der einzelnen Referate der PK
  • CVs und Fotos der Referent*innen
  • den LINK zur Aufzeichnung der PK
  • weitere Pressetexte zu Themen des Kongresses laufend aktualisiert

Rückfragen Presse

Urban & Schenk medical media consulting
Barbara Urban: +43 664/41 69 4 59, barbara.urban@medical-media-consulting.at
Mag. Harald Schenk: +43 664/160 75 99, harald.schenk@medical-media-consulting.at
www.medical-media-consulting.at