Schwere akute Atemwegserkrankungen sind in Österreich eine häufige Ursache für Krankenhauseinweisungen und Todesfälle. Jährlich sterben hierzulande schätzungsweise 6.000 bis 9.000 Menschen an durch Impfung vermeidbaren Atemwegsinfektionen. Besonders gefährdet sind vor allem ältere und vorerkrankte Personen.
Obwohl Impfungen gegen SARS-CoV-2, Influenza, Pneumokokken und RSV das Risiko für schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle deutlich reduzieren können, sind die Durchimpfungsraten in Österreich alarmierend gering. Dies liegt unter anderem auch an den hohen Kosten, die Patient*innen teilweise für Impfungen selbst tragen müssen. Die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) fordert daher gemeinsam mit Selbsthilfeorganisationen[1] das Gesundheitsministerium (BMSGPK) und die Sozialversicherungsträger auf, auch chronisch Lungenkranken im Sinne der „vorgezogenen Heilbehandlung“ einen kostenlosen Zugang zu allen empfohlenen Impfungen zu ermöglichen.
SARI: eine unterschätzte Bedrohung
Schwere akute respiratorische Infektionen (kurz: SARI) sind die häufigsten infektiösen Ursachen für Krankenhausaufenthalte und Todesfälle in Österreich.
„Über 80.000 Menschen werden jährlich aufgrund von Atemwegserkrankungen wie Pneumonien (Lungenentzündungen) im Krankenhaus behandelt. Besonders gefährdet sind ältere Personen sowie Menschen mit Vorerkrankungen, deren Immunsystem bereits geschwächt ist. Bei hospitalisierten Patient*innen liegt die Sterblichkeitsrate zwischen 8 und 10 Prozent – das bedeutet, dass bis zu 7.000 Menschen jährlich in österreichischen Krankenhäusern an SARI sterben“, zeigt sich Dr. Holger Flick, Leiter der ÖGP-Expert*innengruppe Infektiologie und Tuberkulose, alarmiert.
Die häufigsten Auslöser für schwere Atemwegserkrankungen sind Bakterien wie Pneumokokken und Viren wie SARS-CoV-2, Influenza und das Respiratorische Synzytialvirus (RSV).
„Pneumokokkeninfektionen, die vor allem bei älteren Erwachsenen auftreten, verursachen jährlich bis zu 400 Todesfälle. RSV-Infektionen betreffen besonders Säuglinge und ältere Menschen und führen Jahr für Jahr zu mehreren Hundert Todesfällen. SARS-CoV-2 und Influenza fordern in Österreich pro Jahr insgesamt bis zu 10.000 Todesopfer“, beschreibt Flick die Situation in Österreich.
Impfungen: Schutz vor schweren Krankheitsverläufen
Impfungen sind eine der effektivsten Maßnahmen im Kampf gegen schwere Atemwegserkrankungen. Sie können sowohl die Entstehung einer Infektion verhindern als auch den Krankheitsverlauf mildern und somit auch langfristige Folgen wie kardiovaskuläre Komplikationen verringern. Gegen SARS-CoV-2, Influenza, Pneumokokken und RSV stehen in Österreich wirksame Impfstoffe zur Verfügung. Besonders gefährdete Gruppen wie ältere Menschen und chronisch Kranke sind daher dringend auf diese Schutzmaßnahme angewiesen.
Warum sind die Durchimpfungsraten in Österreich so niedrig?
In den letzten Jahren hat die Kostenübernahme für Impfungen positive Fortschritte gemacht: Die Influenza-Impfung ist seit der Saison 2024/25 für alle gratis erhältlich und die SARS-CoV-2-Impfung war stets kostenlos. „Auch effektive Pneumokokken-Impfungen sind genauso wie effektive RSV-Impfstoffe zugelassen, erhältlich und für Risikogruppen in Österreich klar empfohlen. Aber hier müssen die Patientinnen und Patienten die Impfkosten unverändert meist selbst tragen“, betont Lungenfacharzt Flick.
Österreich gehört trotz der hohen Anzahl an Todesfällen, die durch Impfungen vermeidbar gewesen wären, zu den Ländern mit den niedrigsten Durchimpfungsraten in Europa. Flick: „Selbst Risikopatient*innen sind oft unzureichend immunisiert. Nur etwa 20 Prozent der Hochrisikopatient*innen, wie etwa Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen, sind gegen Pneumokokken geimpft.“
Einen Grund für niedrige Durchimpfungsraten sehen ÖGP und Selbsthilfeorganisationen in den teilweise hohen Kosten, die privat zu tragen sind. Flick: „Es ist erfreulich, dass die Influenza-Impfung nach vielen Jahren der Diskussion nun kostenfrei erhältlich ist. Für die deutlich teureren Pneumokokken-, RSV-, Pertussis- und Zoster-Impfungen ist dies aber selbst für Hochrisikopatient*innen weiterhin nicht selbstverständlich“.
Flick bringt folgendes Beispiel: „Eine 61-jährige Frau, die an COPD im Stadium IV leidet, müsste, wenn sie alle für sie empfohlenen Impfungen wahrnimmt, insgesamt rund 845 Euro aufbringen. Diese finanzielle Hürde führt dazu, dass sich viele Risikopatient*innen nicht impfen lassen, obwohl sie es dringend benötigen würden.“
Lungenfachärzt*innen fordern: Kostenübernahme für alle Risikogruppen
Um die jährlich vermeidbaren Todesfälle von 6.000 bis 9.000 Menschen durch impfpräventable Atemwegserkrankungen zu reduzieren, müssen aber alle Risikogruppen kostenfreien Zugang zu notwendigen Impfungen erhalten.
Die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie hat nun gemeinsam mit Patient*innenorganisationen ein Statement verfasst, in dem das Gesundheitsministerium und die Sozialversicherungsträger dazu aufgefordert werden, die Impfkosten für alle Risikogruppen – also auch Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen – flächendeckend zu übernehmen.
Ein Ansatz hierfür ist die sogenannte „vorgezogene Heilbehandlung“. Dieser Begriff beschreibt die Möglichkeit, dass die Kosten für Impfungen als Teil einer präventiven Therapie für bestimmte Patient*innengruppen übernommen werden.
Flick: „Bisher werden die Impfkosten im Zuge dieser ‚vorgezogenen Heilbehandlung‘ nur für bestimmte Gruppen – beispielsweise immunsupprimierte Personen – von den Sozialversicherungsträgern getragen. Die ÖGP fordert nun aus fachlich-wissenschaftlicher Sicht, dass diese Regelung auf chronisch Lungenkranke, wie Menschen mit COPD, Asthma, Mukoviszidose oder pulmonaler Hypertension, ausgeweitet wird.“
Von den Sozialversicherungsträgern sind hierzu einheitliche Kriterien zu schaffen, die dann österreichweit für alle Risikopatient*innen anzuwenden sind.
Flick abschließend: „Denn nur durch flächendeckende Impfungen kann das Sterberisiko verringert und die Lebensqualität von Patient*innen nachhaltig verbessert werden.“
Den Text des Statements im vollen Wortlaut finden Sie unter: https://www.ogp.at/wp-content/uploads/OeGP-Stellungnahme_Bedeutung-resp.-Infektionen-Impfungen_vorgezogene-Heilbehandlungen_Okt2024_IC.pdf
[1] Alpha1 Österreich – Verein für Alpha1 Antitrypsinmangel Erkrankte, Lungenfibrose Forum Austria
COPD-Austria, Cystische Fibrose Hilfe Oberösterreich, Cystische Fibrose Hilfe Österreich
LAM Austria, Lungenkrebsforum Austria, Österreichische Lungenunion
Österreichischer Verband der Herz- und Lungentransplantierten
PH Austria – Initiative Lungenhochdruck, Selbsthilfegruppe Sarkoidose
Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Österreich
Rückfragen Presse
Urban & Schenk medical media consulting
Barbara Urban: 0664/41 69 4 59, barbara.urban@medical-media-consulting.at
Mag. Harald Schenk: 0664/160 75 99, harald.schenk@medical-media-consulting.at