47. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie „Lunge am Limit“

Asthma in der Schwangerschaft erhöht das Risiko von Komplikationen für Mutter und Kind. Daher ist gerade in dieser sensiblen Phase eine ausreichende Behandlung bzw. Verlaufskontrolle des Asthmas wichtig. Leider halten viele werdende Mütter ihre Asthmatherapie gerade während der Schwangerschaft nicht ein, da sie Sorge haben, mit der Medikation ihrem ungeborenen Kind zu schaden. Im Zuge der 47. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP, in Graz warnte Lungenfachärztin und Asthma-Expertin OÄ. Dr.in Katharina Marth davor, die Medikation abzusetzen, da unkontrolliertes Asthma große Gefahren für Mutter und Kind birgt.

Zahlen und Fakten

4-8% der schwangeren Frauen sind von Asthma betroffen, bei mehr als einem Drittel der Asthmatikerinnen kommt es zu einer Verschlechterung der Symptome während der Schwangerschaft, vorwiegend im 2. und 3. Trimester mit einem Peak im 6. Schwangerschaftsmonat.

20% der Asthmatikerinnen erleiden während ihrer Schwangerschaft sogar eine Exazerbation, also eine plötzliche starke Verschlechterung ihres Zustandes. Exazerbationen während der Schwangerschaft aber erhöhen das Auftreten von Komplikationen für Mutter und Kind.

Mangelnde Therapietreue …

Die Therapietreue (Therapieadhärenz) während der Schwangerschaft ist schlecht. 46% der Asthmatikerinnen reduzieren oder beenden die inhalative Therapie während der Schwangerschaft, zumeist aus Angst, ihrem ungeborenen Kind mit den Medikamenten zu schaden.

Dr.in Marth, Leiterin der Ambulanz für schweres Asthma an der Abteilung für Atmungs- und Lungenerkrankungen in der Klinik Hietzing: „Während der Schwangerschaft sollte die gewohnte Therapie unbedingt fortgesetzt werden. Die inhalative Therapie mit Kortikosteroiden, ICS[1], mit Beta-2-Sympathomimetika, SABA[2] und mit LABA[3] gilt als sicher. Die Mutter braucht sich nicht um das Ungeborene zu sorgen. Sie muss vielmehr darauf achten, ihr Asthma weiterhin unter Kontrolle zu halten, damit es zu keiner Exazerbation kommt, die dann ein Risiko für Mutter und Kind darstellt.“

… erhöht Risiko für gefährliche Exazerbation

Marth warnte: „Bei Exazerbationen während der Schwangerschaft kann es zu einem vermehrten Auftreten von angeborenen Fehlbildungen kommen. Und auch die Inzidenz zu vermehrten Komplikationen während der Schwangerschaft ist erhöht.“

Dazu zählen bei der Mutter beispielsweise Blutungen, Kaiserschnitt, Schwangerschaftsdiabetes und Bluthochdruck bis hin zur Präeklampsie[4]. Auch diverse, Veränderungen der Plazenta (Plazenta previa, Plazentaablösung) die mitunter lebensbedrohlich für Mutter und Kind sein können, können im Zuge einer Exazerbation auftreten.

Beim Ungeborenen reicht die Liste der möglichen Komplikation von geringem Geburtsgewicht und geringer Geburtsgröße über die Ausbildung einer Lippen-Gaumenspalte bis hin zum Tod des Ungeborenen.

Auch das Risiko, dass sich beim Kind selbst Asthma entwickelt, ist durch Exazerbationen während der Schwangerschaft erhöht.

Asthma durch Medikation unbedingt unter Kontrolle halten

Asthma-Expertin Marth: „Es gibt also viele gute Gründe, Asthma auch während der Schwangerschaft unter Kontrolle zu halten. Die inhalativen Medikamente aus den Gruppe ICS, LABA und SABA gelten als sicher.“

Das Stufenschema Symptomkontrolle mittels inhalativer Kortikosteroide (ICS), Bedarfsmedikation mit Beta-2-Sympathomimetika zur kurzwirkenden Erweiterung und Entspannung der verkrampften Bronchien (SABA) und die langfristig wirkenden Beta-2-Sympathomimetika (LABA) sollte daher unbedingt weiter beibehalten werden.

Einsatz von Biologika – weitere Daten notwendig

Für Menschen mit schwerem Asthma, die trotz optimaler inhalativer Behandlung noch an Symptomen leiden und laut Behandlungsplan auf der letzten Therapiestufe stehen (schwerste Erkrankungsstufe), gibt es seit einiger Zeit neue Therapieoptionen mit speziellen Antikörpern (Biologika). Dabei handelt es sich um Eiweißkörper (Proteine), die sich zielgerichtet an bestimmte Strukturen anheften und so einzelne Bestandteile der Entzündungsreaktion blockieren. Marth betonte: „Eine Biologika-Therapie während der Schwangerschaft kann aufgrund von fehlenden Daten nicht bzw. noch nicht uneingeschränkt empfohlen werden und sollte im Einzelfall nach genauer Aufklärung gemeinsam mit der Patientin entschieden werden. Aus heutiger Sicht konnte lediglich bei Omalizumab, einem Antikörper der beim allergischen Asthma eingesetzt wird, gezeigt werden, dass eine Exposition während der Schwangerschaft nicht mit einem erhöhten Risiko für das Kind oder die Mutter assoziiert ist. Für die anderen Biologika müssen wir auf weitere Ergebnisse warten.“

Resümee

Marth abschließend: „Es ist wichtig, Asthmatikerinnen schon vor einer Schwangerschaft ausführlich über ihre Erkrankung und die Notwendigkeit der Therapieadhärenz aufzuklären, da das Risiko für kongenitale Missbildungen aber auch von vorzeitiger Geburt, Präeklampsie und niedrigem Geburtsgewicht bei Exazerbationen in der Schwangerschaft höher ist als das Nebenwirkungspotential der Medikamente.

[1] ICS – inhalative Kortikosteroide. Diese Kortisontherapie ist die Basistherapie zur Asthmakontrolle. Sie wirkt entzündungshemmend, lässt die Bronchialschleimhaut abschwellen, reduziert die Schleimsekretion, hemmt zusätzlich allergische Reaktionen und vermindert die Überempfindlichkeit (Hyperreagibilität) der Bronchien.

[2] SABA ist eine Abkürzung für „short-acting beta2-agonist“. Damit sind Beta-2-Sympathomimetika mit kurzer Wirkdauer gemeint. SABAs werden zur Bedarfs-Therapie obstruktiver Ventilationsstörungen genutzt.

[3] LABA ist eine Abkürzung für „long-acting beta2-agonist“. Damit sind Beta-2-Sympathomimetika mit langer Wirkdauer gemeint. SABA und LABA bewirken v.a. eine Erweiterung der Atemwege.

[4] Präeklampsie = schwangerschaftsspezifische Erkrankung mit Bluthochdruck, die unter anderem mit Nieren- (vermehrte Eiweißausscheidung mit dem Harn) oder Leberschädigung (erhöhte Leberwerte) einhergeht und schwerwiegende Komplikationen verursachen kann.

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Sofern nicht anders vermerkt, gelten alle Bezeichnungen für sämtliche Geschlechter.

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