Pressemitteilung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31. Mai

Österreich ist im europäischen Vergleich nach wie vor ein Land der Raucher*innen: Noch immer greift rund jede(r) Fünfte regelmäßig zur Zigarette und schadet sich damit. Der Tabakkonsum hat aber nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit der/s Einzelnen und auf das persönliche Umfeld, sondern schädigt auch global die Umwelt massiv und verschärft in vielen Ländern die ohnehin schon kritische Ernährungssituation der Bevölkerung. Was kann aber getan werden, damit sich der „blaue Dunst“ endlich verzieht?

Gute Gründe für einen Rauchstopp – Gesundheit und Vorbildwirkung

Gründe, mit dem Rauchen aufzuhören, gibt es genug: die eigene Gesundheit zu erhalten, die Lebensqualität zu steigern und letztlich die Lebenszeit zu verlängern. „Denn ein Rauchstopp senkt schlichtweg das Risiko für eine Vielzahl lebensbedrohlicher und lebensverkürzender Erkrankungen: an erster Stelle COPD und Lungenkrebs, aber auch andere Krebserkrankungen wie Blasenkrebs und das weite Feld der Herz-Kreislauferkrankungen. Ein Rauchstopp senkt das Risiko selbst dann noch, wenn man davor viele Jahre geraucht hat“, betont der Lungenexperte Prim. Priv.-Doz. Dr. Christopher Lambers, Leiter der Expert*innengruppe COPD – Nikotin/Tabak – Arbeit/Umwelt der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP. Ein Rauchstopp trägt außerdem dazu bei, die Menschen im eigenen Umfeld, vor allem Kinder, vor Passivrauch zu schützen. Und das nicht nur in gesundheitlicher Hinsicht, sondern auch in präventiver: Nachgewiesenermaßen neigen Kinder von Raucher*innen viel stärker dazu, selbst einmal zu Zigarette & Co zu greifen.

Finanzieller Nutzen

Auch monetäre Gründe sprechen für einen Rauchstopp, weil dann einfach mehr im Geldbörserl bleibt – bei einer Packung Zigaretten täglich erspart man sich immerhin rund 2.000 Euro pro Jahr.

Globale Auswirkungen auf Umwelt und Ernährungssicherheit

Ein Rauchstopp trägt darüber hinaus dazu bei, die Umwelt vor Schäden durch den Giftmüll zu bewahren, der aus Zigarettenstummeln oder schon beim Tabakanbau durch den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln entsteht. Selbst zur Verbesserung der weltweiten Ernährungssicherheit kann ein Rauchstopp beitragen: Tabakanbau ist ressourcenintensiv, hat zerstörerische Auswirkungen auf Ökosysteme und tritt in den Anbaugebieten oft in Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln – Kinderarbeit, prekäre Arbeitsbedingungen und Nahrungsmittelknappheit inklusive.

Warum fällt der Nikotinverzicht trotzdem so schwer?

Bei so vielen guten Argumenten, mit dem Rauchen aufzuhören, sollte man meinen, dass jeder Mensch dem Glimmstängel umgehend „Adieu“ sagt. Und dennoch fällt es vielen Raucher*innen so schwer, darauf zu verzichten. „Das liegt daran, dass die suchtmachende Wirkung des Nervengifts Nikotins, das bei dem für die Gesundheit so schädlichen Verbrennungsprozess freigesetzt wird, darin besteht, dass es an Rezeptoren im Gehirn andockt, dadurch das Belohnungssystem stimuliert und es zur Ausschüttung von Glückshormonen kommt. Und das Gehirn will mehr von diesen Glücksgefühlen und fordert Nikotinnachschub“, so Lambers, der die Abteilung Pneumologie des Ordensklinikums Linz Elisabethinen, leitet. Diesen Wirkzusammenhang müssen Methoden der Rauchentwöhnung berücksichtigen, sonst sind die Versuche, mit dem Rauchen aufzuhören zumeist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das bedeutet, dass an die Stelle des Nikotins andere „Trigger“ treten müssen, um das Belohnungssystem zu befriedigen. Diese Funktion kann beispielsweise Ausdauersport übernehmen, der ähnliche Hochgefühle entstehen lässt. Im ungünstigeren Fall treten Süßigkeiten oder Kaffee an die Stelle des Nikotins. Um diesen Prozess gezielt zu steuern, sind ärztliche und psychologische Begleitung von großer Bedeutung. Wer mit dem Rauchen aufhören möchte, sollte daher mit einer/m niedergelassenen Lungenfachärzt*in Kontakt aufnehmen, um die weiteren konkreten Schritte gemeinsam zu planen.

Nur weniger Rauch bringt leider nichts

Lambers weist auf den weit verbreiteten Irrglauben hin, das Gesundheitsrisiko würde linear mit der Anzahl täglich gerauchter Zigaretten sinken. „Das ist aber nicht richtig. Schon eine einzige Zigarette pro Tag erhöht das Risiko für koronare Herzkrankheiten um 48 % (Männer) bzw. 57 % (Frauen) und das Schlaganfallrisiko um 25 % (Männer) bzw. 31 % (Frauen), also auf etwa die Hälfte der Werte, wie wenn man 20 Zigaretten täglich raucht. Das Ziel muss daher die vollkommene Entwöhnung, ein endgültiger Rauchstopp sein.“

Viele „kleine Helferlein“ – aber was bringt’s?

Als „Überbrückungshilfe“, um den so schädlichen Verbrennungsprodukten zu entgehen, können Nikotinpflaster, Nikotinkaugummi, Sprays oder Inhaler erfolgreich zum Einsatz kommen, die dann, nach und nach, gezielt reduziert werden. Auch eine medikamentöse Unterstützung unter ärztlicher Aufsicht kann indiziert sein.
In letzter Zeit werden auch E-Zigaretten und Co vermehrt als Unterstützung beim Rauchstopp angepriesen. Was sagt der Experte zu dieser Option? „Eine Vielzahl neuer Produkte drängt auf den Markt und diese werden von den Erzeugern teils aggressiv als Rauchersatzprodukte beworben. Allerdings gibt es keine Langzeitdaten dazu, die einen Umstieg von der Zigarette auf andere Produkte rechtfertigen. Bei E-Zigaretten sollte auch auf das höhere Rückfallrisiko zum Tabakrauchen und die höheren Belastungen dualer Raucher*innen erwähnt werden.“

Großbritannien versus Australien

Während in Großbritannien, das bis 2023 rauchfrei werden möchte, auf E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung setzt und – neben diversen anderen Maßnahmen – eine Million Raucher*innen mit gratis E-Zigaretten ausstattet, bannt Australien alle Einweg–E-Zigaretten mit der Begründung, dass diese eher einen Weg zum Rauchen hin als vom Rauchen weg darstellen. Insbesondere die auf den Geschmack Jugendlicher zugeschnittenen süßen, fruchtigen Geschmacksrichtungen werden dabei angeprangert, da sie eher zu einer Raucher*innenkarriere verführen als davon abzuhalten. Lambers: „Welcher der zielführendere Weg ist, wird wohl die Zukunft weisen. Ich denke, es wird wohl der australische Weg sein.“

Wie kann der Rauchstopp am besten gelingen?

Die Gesellschaft der Österreichischen Lungenfachärzt*innen, ÖGP, empfiehlt, den Rauchstopp mit professioneller Begleitung in Angriff zu nehmen: Am besten in Form einer stationären Rauchentwöhnung oder während einer Rehabilitationsmaßnahme. Denn hier können auch die ganz persönlichen Lebensumstände miteinbezogen werden – man ist in einem anderen Umfeld, fernab der täglichen, oft verführerischen, Routinen des Alltags.
Eine Entwöhnung im ‚normalen Alltag‘ sollte am besten mit der Kombination Arzt/Ärztin (für eine gegebenenfalls medikamentöse Unterstützung) und psychologische Begleitung durchgeführt werden, mit der Vereinbarung von Fixpunkten für den Rauchstopp. Besonders bewährt hat sich hier das Rauchfreitelefon (0800 810 013, rauchfrei.at), welches als Angebot kostenlos zur Verfügung steht.
Es gibt so viele gute Gründe, mit dem Rauchen aufzuhören, und es gibt inzwischen so viele Formen der Unterstützung dabei, dass sich der Versuch jedenfalls lohnt. Holen Sie sich professionelle Unterstützung – Ihre Lungenfachärztin oder Ihr Lungenfacharzt berät Sie gerne! Übrigens: E-Zigaretten sind weltweit nicht zur Rauchentwöhnung zugelassen!

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN

WHO-Motto 2023: “We need food, not tobacco”

Die WHO nützt den diesjährigen Weltnichtrauchertag, um auf die teils verheerenden Auswirkungen des Tabakanbaus aufmerksam zu machen.
„Wir brauchen Nahrung, nicht Tabak“, so das Motto der globalen Kampagne für 2023. Damit soll bewusst gemacht werden, welch schädliche Auswirkungen der Tabakanbau auf Mensch und Umwelt hat. Denn der Anbau von Tabak erfolgt in vielen Ländern in Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau, was vor Ort zum Teil prekäre Anbaubedingungen schafft. Die WHO zeigt auf, dass jedes Jahr rund 3,5 Millionen Hektar Land für den Tabakanbau statt für den Anbau von Nahrungsmitteln verwendet werden. Rund 200.000 Hektar Wald fallen dem Tabakanbau pro Jahr zum Opfer. ‚Daneben‘ wirkt sich der Anbau der Tabakpflanze zerstörerisch auf bestehende, funktionierende Ökosysteme aus, da Tabakanbau ressourcenintensiv ist und einen hohen Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln erfordert, die zu einer Verschlechterung von Bodenqualität und Fruchtbarkeit beitragen. Die Fläche fehlt dann außerdem für den Anbau von Lebensmitteln wie z.B. Mais. Mehr Infos dazu: https://www.who.int/europe/news-room/events/item/2023/05/31/default-calendar/world-no-tobacco-day-2023–we-need-food–not-tobacco

Wie funktionieren E-Zigaretten und erhitzte Tabakprodukte eigentlich?

E-Zigaretten und ETPs (erhitzte Tabakprodukte) verbrennen zwar keinen Tabak, erhitzen und verdampfen aber bei Temperaturen um 350°C Tabak oder „Liquid“. Zumeist enthalten diese Nikotin und dieses kann den „Dampfer“ natürlich genauso süchtig machen wie den „Raucher“.
Auch die Sucht wird weiter bedient, wenn die Vaps Nikotin enthalten. Anstatt dass der Körper von Nikotin entwöhnt und entgiftet wird, erhält er also weiterhin Nikotin zugeführt. Während eine Nikotinersatztherapie durch Nikotinpflaster und Nikotinkaugummis u. ä. als Übergangslösung gedacht ist, ist eine nikotinhaltige E-Zigarette oder ETP vom Hersteller zur Daueranwendung über Jahre und Jahrzehnte konzipiert und intendiert, was angesichts der vielen negativen Auswirkungen von Nikotin auf das Herz-Kreislauf-System genauso schädlich ist wie herkömmliche Zigaretten.
Das Liquid enthält, selbst wenn es nikotinfrei ist, eine Reihe von gefährlichen Trägersubstanzen und Aromastoffen. Es entstehen beim Verdampfen des Liquids potenziell krebserregende Substanzen wie Formaldehyd und Acetaldehyd, wie auch die österreichische Krebshilfe in einer Aussendung betont. Und – während der Einsatz bzw. Zusatz von Inhaltsstoffen bei herkömmlichen Zigaretten streng geregelt ist, ist das bei E-Zigaretten und ETPs nicht der Fall. Wirkungen und Nebenwirkungen, die sich durch das Einatmen von Aromastoffen auf die Atemwege ergeben, sind weitgehend unbekannt.

Junge Generation im Fokus – E-Zigarette als verlockende „Einstiegsdroge“?

Eine sogenannte ‚Smoke-Free Generation‘ wäre das Ziel! Denn es hat sich immer wieder gezeigt, dass Kinder und Jugendliche sehr anfällig für Nikotinabhängigkeit sind, die sich auf ihre Gehirnentwicklung auswirkt – selbst bei jenen, die nur selten rauchen. Außerdem besteht bei jungen Menschen, die nikotinabhängig werden, ein größeres Risiko, dass sie lebenslange Tabakkonsumenten werden .“ Vor diesem Hintergrund wurden Bedenken geäußert, dass die Verwendung von nikotinhaltigen Flüssigkeiten in E-Zigaretten und E-Shishas sogar ein Einstieg in den Konsum herkömmlicher Zigaretten sein könnte . Denn: E-Zigaretten und E-Shishas richten sich mit ihren fruchtigen und exotischen Aromen wie Erdbeere, Apfel oder Kokos vor allem an ein junges Publikum. Und Jugendliche finden sie sehr attraktiv.

Tabak als Gefahr für die Umwelt

Oftmals übersehen wir beim Rauchen den ökologischen Fußabdruck. Denn die Tatsache, wie sehr Tabakanbau, Produktion und Abfall ein Gesundheitsrisiko für unseren Planeten darstellen und zum Klimawandel beitragen, ist den wenigsten bewusst.
Tabakanbau, Herstellung und Vertrieb der Zigaretten sowie der Abfall, die Zigarettenstummel, machen den Ökosystemen der Erde massiv zu schaffen.
Beginnend beim Tabakanbau, bei dem enorme Mengen an Ressourcen, vor allem an Wasser, benötigt werden, entstehen durch Transport und Verarbeitung hohe C02-Emissionen. Somit trägt Rauchen maßgeblich zum Klimawandel bei. Und zu „schlechter Letzt“ verursachen Zigarettenstummel, die Schwermetalle und viele andere Giftstoffe enthalten, enorme Mengen an Müll und stellen durch ihre Toxizität, wenn sie achtlos weggeworfen werden, eine enorme Belastung für die Umwelt dar. Wer raucht, hinterlässt also auch einen entsprechend größeren ökologischen Fußabdruck.

Kontakt

Prim. Priv.-Doz. Dr. Christopher Lambers
Ordensklinikum Linz Elisabethinen
Tel.: +43-73276764210
E-Mail: christopher.lambers@ordensklinikum.at

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