Welt-Pneumonie-Tag am 12. November

Das „Erreger-Trio“ Influenza–SARS-CoV-2–Respiratorisches Synzytialvirus (RSV) war im vergangenen Winter für mehr als 40% der Lungenentzündungen verantwortlich, die in den Notfallabteilungen der heimischen Spitäler aufgenommen werden mussten. Ähnliches ist für heuer zu erwarten.

Lungenentzündungen (Pneumonien) sind ernst zu nehmen, betont die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) – zählen sie doch zu den tödlichsten Infektionen überhaupt. Erfreulicherweise gibt es gegen genau diese drei Erreger Schutzimpfungen.

Anlässlich des bevorstehenden Welt-Pneumonie-Tages informiert die ÖGP, wer welche dieser Impfungen in Anspruch nehmen kann, um sich bestmöglich vor einer Lungenentzündung durch diese drei Erreger zu schützen.

Mit der kalten Jahreszeit verbreiten sie sich wieder – Viren und Bakterien, die eine Lungenentzündung verursachen können. Influenza (echte Grippe), SARS-CoV-2 und RSV sind jene Erreger, die uns in dieser Zeit am meisten zu schaffen machen.

Risikofaktor Lebensalter

„Besonders gefährdet sind Säuglinge und Kinder, ältere bzw. alte Menschen sowie Menschen, die an einer oder mehrerer bereits bestehenden Grunderkrankung(-en) oder einer Immunschwäche z.B. durch eine Immunsuppression leiden“, erläutert der Infektiologe und Lungenfacharzt Univ.-Prof. Dr. Helmut Salzer, MPH, von der Expert*innengruppe „Infektiologie und Tuberkulose“ der ÖGP. Säuglinge und Kinder sind vor allem aufgrund ihres noch „ungeübten“, unreifen Immunsystems besonders gefährdet, Ältere und Alte aufgrund ihres immer schlechter funktionierenden Immunsystems. Salzer: „Und oft kommen mit dem Alter diverse Erkrankungen hinzu, die den Organismus zusätzlich schwächen.“

Salzer, der die Klinische Abteilung für Infektiologie und Tropenmedizin am Kepler Universitätsklinikum in Linz leitet: „Die 30-Tages-Sterblichkeit bei stationär behandelten Pneumonie-Patientinnen und -Patienten liegt im Schnitt bei 22%, wobei das Alter, aus verschiedenen Gründen, einen sehr großen Einfluss hat. Etwa 60% der Todesfälle in den ersten 30 Tagen nach Entlassung sind aber indirekte Infektionsfolgen verursacht durch diverse kardio-vaskuläre Ereignisse.“

Was macht eine Lungenentzündung so gefährlich?

Bei einer schweren Lungenentzündung ist unter anderem die Atmung betroffen, der Gasaustausch funktioniert nicht mehr ausreichend (akute respiratorische Insuffizienz), es kommt zur Sauerstoffunterversorgung. Auch Atemversagen kann auftreten. Weiters kann sich eine durch Pneumokokken oder andere Bakterien verursachte Sepsis (Blutvergiftung) entwickeln, die durch komplexe systemische Entzündungsreaktionen gekennzeichnet ist. Weitere Organe werden in Mitleidenschaft gezogen und dies kann zum Kreislaufversagen und somit zum Tod führen. Nach durchgemachter Lungenentzündung kommt es in den ersten Wochen aber auch zu einem deutlich erhöhten Risiko für kardio-vaskuläre Ereignisse (Herzversagen, Herzinfarkt, Arrhythmien).

Pneumokokken – häufigster bakterieller Erreger einer Lungenentzündung

„Im Erwachsenenalter sind es vorwiegend die Pneumokokken, die zu einer Lungenentzündung führen. Hier haben wir eine gut wirksame Impfung zur Hand, die das Risiko einer Pneumokokken-Erkrankung um bis zu 90 % verringern kann. Diese Impfung ist bei gesunden Erwachsenen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr bzw. Erwachsenen, die zu einer Risikogruppe zählen, ab dem vollendeten 50. Lebensjahr laut österreichischem Impfplan 2023/2024 empfohlen. Weiters ist eine Pneumokokken-Impfung bei Säuglingen im dritten Lebensmonat dringend empfohlen, um sie vor schweren invasiven Pneumokokken-Erkrankungen, deren Altersgipfel im zweiten Lebenshalbjahr liegt, zu schützen“, erklärt Salzer.

Pneumokokken sind Bakterien, die die Schleimhaut im Nasen-Rachen-Raum besiedeln und von dort ausgehend schwere Infektionen im Körperinneren auslösen können. Sie werden durch Tröpfcheninfektion übertragen und gelten als einer der Hauptverursacher von Lungenentzündungen.

RSV-Infektion – Respiratorisches Synzytial-Virus

Das Respiratorische Synzytial-Virus, kurz RSV, befällt vorwiegend die Schleimhäute des Atemtrakts. Gelangt genetisches RSV-Material in die Lunge, verschmelzen die befallenen Zellen zu Riesenzellen mit mehreren Zellkernen (Synzytien). Salzer: „Die Viren werden in erster Linie als Tröpfcheninfektion übertragen. Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich fünf Tage, das Virus kann aber bereits vor Ausbruch erster Symptome weitergegeben werden.“

Die akute RSV-Erkrankung dauert zwischen drei und zwölf Tagen und verläuft, so nur die oberen Atemwege betroffen sind, zumeist mild. Schnupfen, Halsweh, Heiserkeit, Kopfschmerzen, trockener Husten, allgemeines Krankheitsgefühl und Abgeschlagenheit, wozu im weiteren Verlauf auch Fieber kommen kann, sind die klassischen Symptome. „Vor allem bei Patientinnen und Patienten ab 60 Jahren und Menschen mit einer bestehenden Grunderkrankung oder geschwächtem Immunsystem kann es zu einem schweren Verlauf kommen. Ähnlich wie andere Virusinfektionen kann eine RSV-Infektion zu einer akuten Verschlechterung bestehender Grunderkrankungen führen, welche zu einer Hospitalisierung und steigenden Sterblichkeit führt“, warnt Salzer. Bei Kindern ist die RSV-Infektion der häufigste Grund für einen Spitalsaufenthalt in den Wintermonaten[1].

RSV – durch Pandemie sensibilisiert

Infektiologe Salzer: „Bei Erwachsenen und insbesondere bei älteren Personen wurde die Bedeutung der RSV-Infektion lange unterschätzt, weil häufig routinemäßig kein Virusnachweis erfolgte. Da hat die COVID-19-Pandemie sensibilisiert: Weil nun auch standardmäßig auf RSV mittels Schnell-PCR getestet wird. Hierdurch hat sich die Wahrnehmung eben auch bezüglich der RS-Viren geändert und verbessert.“

Seit kurzem steht auch eine Schutzimpfung gegen RSV zur Verfügung, die laut österreichischem Impfplan 2023/2024 vor allem Personen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr sowie Personen mit Grunderkrankungen und Immunsupression und Schwangeren[2] zum Schutz von Neugeborenen durch die mütterlichen Antikörper empfohlen wird. Die Immunisierung wird mit einer einmaligen Impfung durchgeführt, die allerdings privat zu bezahlen ist und derzeit mit hohen Eigenkosten verbunden ist. „Wünschenswert wäre ein Finanzierungsmodel, das einen niederschwelligen Zugang zur RSV-Impfung für Risikogruppen ermöglicht. Dies könnte die Impfbereitschaft erhöhen und letztlich auch einen bevölkerungsbezogenen Effekt auf das ohnehin schon sehr belastete Krankenversorgungssystem ermöglichen“, so Salzer.

Influenza – die echte Grippe

„Die echte Grippe kann eine Viruspneumonie verursachen. Oft ist es aber auch so, dass die Influenza-Viren den Organismus und das Immunsystem so schwächen, dass Bakterien eine sogenannte bakterielle Superinfektion, in Form einer bakteriellen Lungenentzündung, verursachen. Gegen Influenza haben wir seit Langem hervorragende Impfstoffe, und diese Impfung ist, bis auf einen Selbstbehalt von 7 Euro, verfügbar. Ich rate dringend dazu, diese Impfung durchführen zu lassen.“

Laut österreichischem Impfplan 2023/2024 ist die Influenza-Impfung allgemein empfohlen, insbesondere auch für Personen mit gesundheitlichen Risiken für einen schweren Krankheitsverlauf, für Kontaktpersonen/Haushaltskontakte von Personen mit gesundheitlichen Risiken für einen schweren Verlauf sowie für Personen mit einem erhöhten Infektionsrisiko aufgrund ihrer Lebensumstände oder ihres Berufs.

COVID-Impfung – nach wie vor wichtig

Corona-Viren zirkulieren noch immer und die Gefahr an COVID-19 zu erkranken, steigt ebenfalls mit der kalten Jahreszeit. „Wie wir heute wissen, gibt es neben der COVID-bedingten Lungenentzündung eine Vielzahl von möglichen schwersten Komplikation dieser Erkrankung, nicht zu vergessen die Gefahr, an Long-Covid zu erkranken. Ich rate auch hier ganz klar zur Schutzimpfung für Risikopatienten*innen, da sie das Infektionsrisiko verringern kann und das Risiko für schwere Krankheitsverläufe und Langzeitfolgen wie Long-Covid verringert“, so Salzer.

Maske und Handhygiene

„Wer selbst respiratorische Symptome hat, sollte zum Schutz seiner Mitmenschen in geschlossenen Räumen einen Mund-Nasen-Schutz oder eine FFP2-Maske tragen. Und wer gesund ist und sich selbst schützen möchte, sollte dies, wie in Zeiten der Pandemie, ebenfalls tun. Ganz besonders gilt das natürlich für Risikogruppen. Ganz allgemein: Maske tragen und Handhygiene sind nach wie vor effektive Mittel, das Risiko einer Infektion mit gefährlichen respiratorischen Keimen zu minimieren.“

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[1] Lt. Impfplan Österreich 2023

[2] In der 24. bis 26. Schwangerschaftswoche lt. Österreichischem Impfplan empfohlen.

Kontakt

Univ.-Prof. Dr. Helmut J.F. Salzer, MPH, FECMM
Expert*innengruppe für Infektiologie und Tuberkulose der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie
Leiter der Abteilung für Infektiologie und Tropenmedizin
Universitätsklinik für Innere Medizin 4 I Pneumologie
Kepler Universitätsklinikum – Johannes Kepler Universität Linz
Tel.: +43 (0)5 7680 83-73462
E-Mail: helmut.salzer@kepleruniklinikum.at

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