Verbesserung der Früherkennung dringend notwendig

ÖGP-Jahrestagung 2023

Obwohl die Therapie von Lungenkrebs immer ausgereifter – also maßgeschneiderter, wirkungsvoller, zielgerichteter und damit auch nebenwirkungsärmer wird – besteht weiterhin ein entscheidendes Problem: Da keine verlässlichen Frühsymptome existieren, wird die Erkrankung meist erst so spät entdeckt, dass sie sich bereits in einem weit fortgeschrittenen Stadium befindet. Zu diesem Zeitpunkt sind die Therapiemöglichkeiten jedoch bereits sehr begrenzt. Abhilfe könnte hier ein wohldurchdachtes Früherkennungsprogramm schaffen, durch dessen Einsatz der Diagnosezeitpunkt deutlich nach vorne verlagert werden kann. Wie effektiv solche Früherkennungsprogramme die Sterberaten senken, belegen internationale Daten. ÖGP-Vizepräsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht sprach im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP (23. – 25. Okt. in Graz) über die Chancen und Hürden eines umfangreichen Lungengesundheit-Vorsorgeprogrammes.

Frühe Diagnose – gute Prognose

Lungenkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen[1] überhaupt. „Er verursacht keine verlässlichen Frühsymptome, die auf die Krankheit hindeuten, wodurch die Erstdiagnose zumeist in einem – leider oft weit – fortgeschrittenen Erkrankungsstadium erfolgt“, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie am Kepler Universitätsklinikum in Linz, das Dilemma. Nur etwa 20 Prozent der Lungenkarzinome in Österreich werden im Frühstadium entdeckt, rund die Hälfte erst im letzten Krankheitsstadium. „Während bei frühzeitiger Diagnose und Therapie die 5-Jahres-Überlebensrate rund 90% erreichen kann, haben wir bei spätem Erkennen nur eingeschränkte Behandlungsoptionen. Die Prognose ist ungünstiger, als dies bei einer Früherkennung der Fall wäre.“

Lungenkrebs-Screenings zeigen Wirkung

Lamprecht: „Immer mehr Daten[2] belegen, dass Lungenkrebs-Screenings zu einer Senkung der Lungenkrebs-Sterblichkeit führen. Mittels regelmäßig durchgeführter Low-Dose-Computertomographie-Untersuchungen wird Lungenkrebs nämlich wesentlich häufiger schon in frühen Erkrankungs-Stadien entdeckt, in denen fast immer noch eine Heilung möglich ist. Die Lungenkrebs-Sterblichkeit bei Risikogruppen konnte so in einem Beobachtungszeitraum von zehn Jahren um bis zu 20% gesenkt werden, bei Frauen sogar um 40-60%.“

Neben der primären Prävention der Erkrankung, zu der in erster Linie ein Rauchstopp gehört, aber überhaupt Awareness für die Themen Lungengesundheit und Bedeutung sauberer Luft, bedarf es daher auch einer Verbesserung der Möglichkeiten der Früherkennung, so ÖGP-Vizepräsident Lamprecht, und weiter: „Daher ist es erklärtes Ziel der ÖGP, in den nächsten Jahren eine Verbesserung der Früherkennung zu erreichen.“

Wie kann ein solches Früherkennungs- und Vorsorgeprogramm aussehen?

Primärprävention. „Eine umfassende Lungenkrebsvorsorge muss Initiativen zur Raucherentwöhnung bzw. zur Rauchprävention beinhalten. Die Primärprävention, also der Verzicht auf das Rauchen, wird im Zusammenhang mit Lungenkrebs und Lungengesundheit immer unverändert wichtig bleiben.“

Screening. Risikogruppen werden regelmäßig einer Low-Dose-Computertomographie-Untersuchung unterzogen. Lamprecht: „Risikogruppen sind in erster Linie durch ihr Alter definiert und ob sie einer Belastung durch inhalative Noxen ausgesetzt waren, also Raucher*innen waren oder sind.“

Behandlungspfad. Je nach Untersuchungsbefund erfolgt ein standardisiertes und leitlinienkonformes Vorgehen. Im Falle eines tatsächlich verdächtigen Befundes erfolgen eine rasche definitive Abklärung und eine maßgeschneiderte Behandlung.

Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm: Chancen …

Lamprecht führte weiters aus, dass im Zuge eines Lungenkrebs-Screenings auch andere ernste, noch symptomlose Lungenerkrankungen als Nebenbefunde identifiziert werden können. „Das ist eine Chance, die wir nützen sollten: mit einem Lungenkrebs-Screening die Lungengesundheit in Österreich gleich im Hinblick auf mehrere Erkrankungen zu verbessern,“ so der ÖGP-Vizepräsident.

… und Herausforderungen

Die flächendeckende Umsetzung eines solchen Programmes wirft komplexe Fragenstellungen auf, die Kooperation diverser Fachdisziplinen muss entsprechend organisiert, Strukturen und Prozesse müssen fächerübergreifend verbunden und angepasst werden. Lamprecht: „Herausforderung und Aufgabe ist nun ein geeignetes Früherkennungsprogramm passend zu den österreichischen Strukturen des Gesundheitssystems zu planen und entwickeln und unter Einbindung aller beteiligten Fachdisziplinen schrittweise zur Umsetzung zu bringen. Es ist erklärtes Ziel der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP, einen entsprechenden Masterplan im interdisziplinären Diskurs zu entwickeln, damit ein umfassendes Vorsorge- und Früherkennungsprogramm zur Verbesserung der Lungengesundheit in Österreich etabliert werden kann.“

[1] Statistik Austria 2022: Lungenkrebs stand 2019 mit 2.061 Fällen (11%) bei Frauen und 2.777 Fällen (12%) bei Männern jeweils an zweiter Stelle der Krebsneuerkrankungen. Mit etwa jedem fünften Krebssterbefall nahm Lungenkrebs bei Männern den ersten Rang unter den krebsbedingten Todesursachen ein (21%), bei Frauen stand er nach Brustkrebs an zweiter Stelle (17%). Sowohl das Erkrankungs- als auch das Sterberisiko an Lungenkrebs nahmen in den vergangenen Jahren bei Frauen stark zu. https://www.statistik.at/fileadmin/announcement/2022/05/20220127Krebserkrankungen2019.pdf

[2] Z.B. Nederlands-Leuvens Longkanker Screenings Onderzoek, NELSON-Trial: H.J. de Koenig et al; Reduced Lung-Cancer Mortality with Volume CT Screening in a Randomized Trial; DOI:10.1056/NEJMoa1911793

Weitere Pressetexte zu Themen des Kongresses finden Sie laufend aktualisiert unter: www.ogp.at/Presse/presse-aktuell

Kontakt

Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht
Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie
Dekan für Lehre und Studierende, Medizinische Fakultät, Johannes Kepler Universität
Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie
Kepler Universitätsklinikum
Med Campus III.
Krankenhausstraße 9
4021 Linz
T +43 (0)5 768083–0

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