47. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie „Lunge am Limit“
Unter den Millionen Menschen, die sich in große Höhen begeben, sind viele Patient*innen mit bestehenden Herz-Lungen-Erkrankungen. In großen Höhen fällt es unserer Lunge aber zunehmend schwerer, den Körper ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Ab rund 1.500 m Höhe steigt das Risiko, dass, bei sonst gesunden Menschen, erste Symptome einer Höhenkrankheit auftreten. Was aber bedeutet das für Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen? Können sich Patient*innen, die zum Beispiel an Lungenhochdruck leiden (pulmonale Hypertonie) mit vertretbarem Risiko in Höhen zwischen 1.500 und bis gar 2.500m begeben? Droht ihnen eine gefährliche Verschlechterung ihres Zustandes bzw. erkranken sie schneller an der Höhenkrankheit als gesunde Menschen?
Im Rahmen der 47. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP, in Graz, stellte die Schweizer Lungenexpertin Prof.in Dr.in Silvia Ulrich, Klinikdirektorin der Klinik für Pneumologie, Leiterin der Abteilung für Pulmonale Hypertonie sowie der Dyspnoe Klinik am Universitätsspital Zürich neue Forschungserkenntnisse zur Belastbarkeit kranker Lungengefäße in großen Höhen vor. Mit durchaus mutmachenden Ergebnissen für Betroffene.
Gefährliche Höhe
Selbst gesunden Tieflandbewohnern kann ein Aufenthalt in großen Höhen zu schaffen machen. Bedingt durch den mit zunehmender Höhe immer niedriger werdenden Luftdruck sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut und es kommt zu einer Sauerstoff-Unterversorgung. Lunge und Herz arbeiten dagegen, versuchen auszugleichen: Atmungs- und Herzschlagfrequenz steigen, der Blutdruck in der Lunge steigt an. Prof.in Silvia Ulrich: „Als Reaktion auf den erniedrigten Umgebungsluftdruck, der dazu führt, dass der Sauerstoff aus der Luft immer schwerer verfügbar wird, ziehen sich die kleinen Lungenarterien zusammen, und dies führt zu einem Anstieg des Pulmonalarteriendrucks.“
Lungenkranke besonders gefährdet
Man kann also davon ausgehen, dass lungenkranke Menschen, die schon im Flachland unter einer gestörten Ventilation und einem beeinträchtigten Gasaustausch leiden, in der Höhe besonderen Risiken ausgesetzt sind. Hierzu zählen Patient*innen mit Lungenhochdruck[1], da sie bereits im Tiefland an einem erhöhten pulmonal arteriellen Druck leiden.
Doch auch Patient*innen mit Lungenhochdruck möchten, wie alle Menschen, an einem Leben in möglichst großer Normalität teilnehmen, betonte Ulrich: „In den Alpenländern gehört hierzu auch ein Aufenthalt in einer Höhe über 1.500 m.“ In unserer bestens erschlossen Bergwelt gelangt man mit Seilbahn oder Zug rasch in Höhen über 2.000 m. Ulrich: „Wir gingen daher der Frage nach: Wird eine hypoxische Umgebung, wie sie in Höhen ab 1.500 m vorkommt, die Erkrankung dieser Menschen verschlechtern?“
Ermutigende Studienergebnisse – Lungendruck steigt nur geringfügig
Es folgten viele Studien. Dabei wurde beispielsweise der Frage nachgegangen, ob sich bei Patient*innen mit Lungenhochdruck unter hypoxischen Bedingungen bei körperlicher Belastung (in der Studie: Radfahren am Ergometer) der Lungendruck verändert. Bei einem großen Teil der Patient*innen verschlechterte sich der Lungendruck nicht. Lediglich die körperliche Leistungsfähigkeit nahm ab – bei Patient*innen so wie bei gesunden Studien-Teilnehmer*innen – allerdings mit großen individuellen Unterschieden.
Tagesausflug in die Berge meist bedenkenlos möglich
Somit gibt die Schweizer Lungenexpertin Betroffenen Hoffnung: „Aus unseren Untersuchungen geht hervor, dass zumindest ein kurzzeitiger Tagesaufenthalt in der Höhe für die meisten PH-Patientinnen und -Patienten ohne Verschlechterung der Grundkrankheit möglich ist. In Pilotstudien konnten wir aufzeigen, dass selbst das Übernachten in der Höhe meist gut vertragen wird, jedoch mit einer deutlich geringeren Sauerstoffsättigung in der Nacht einhergeht.“
Weitere Forschung notwendig
Ulrich fasste abschließend zusammen: „Die große Mehrheit der stabilen Patient*innen mit einer Lungengefäßerkrankung vertragt einen Kurztrip in moderate Höhe gut. Reduzierte Bewegungstoleranz und Hypoxämie können auftreten, sprechen aber gut auf eine Sauerstofftherapie an. Diese Erkenntnisse sind wichtig für die vielen Betroffenen weltweit, denn es leben rund 500 Millionen Menschen in einer Höhe über 1.500 m und sind somit hypobaren Hypoxischen Bedingungen ausgesetzt. Nun müssen wir daran gehen, längerfristige Studien durchzuführen!“
[1] Ist der Blutdruck in den Lungenarterien dauerhaft erhöht, wird dies als Lungenhochdruck oder pulmonale arterielle Hypertonie (PH) bezeichnet. Ein Zustand, der den rechten Teil des Herzens schädigen und zu einem rechtsseitigen Herzversagen führen kann.
* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Sofern nicht anders vermerkt, gelten alle Bezeichnungen für sämtliche Geschlechter.
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